Rangierbahnhöfe sind die neuralgische Punkte in der Transportkette von Waren auf der Schiene. Nach dem Stand der Technik werden mehrere Monate benötigt, um Ressourcen zu allokieren und Rangierarbeitspläne zu erstellen. Der Dresdener Verkehrswissenschaftler Dr. Moritz Ruf hat versucht, die Planungen mit modernen Hilfsmitteln zu optimieren, hierzu zählen insbesondere Verfahren des Operations Research und Algorithmen der künstlichen Intelligenz. Für seine Lösungsvorschläge erhält Dr. Ruf nun den Karl-Vossloh-Innovationspreis 2022. Der mit 10.000 € dotierte Preis wurde ihm am – pandemiebedingt mit einem Jahr Verspätung – am 19. September 2023 auf dem Eisenbahnforum in Erfurt verliehen.
Diese Dissertation verknüpft eisenbahnbetriebswissenschaftliche Grundlagen mit Methoden aus den Disziplinen Unternehmensforschung (Operations Research) und Maschinelles Lernen. Gegenstand ist die auf den mittelfristigen Zeithorizont bezogene Ressourcenplanung von Knoten des Schienengüterverkehrs, die sogenannte taktische Planung. Diese spielt eine wesentliche Rolle für eine wirtschaftliche und qualitativ hochwertige Betriebsdurchführung. Knoten des Schienengüterverkehrs stellen neuralgische Punkte in der Transportkette von Waren auf der Schiene dar. Sie dienen der Durchführung einer Vielzahl unterschiedlicher betrieblicher Prozesse zur Sicherstellung eines definierten Outputs an Zügen in Abhängigkeit eines jeweils gegebenen Inputs. Die Bereitstellung eines zu den Betriebsanforderungen passenden Ressourcengerüsts ist Teil der taktischen Planung und hat wesentlichen Einfluss auf die Qualität der Prozesse in den Knoten, im Speziellen, sowie auf die vor- und nachgelagerte Transportdurchführung im Allgemeinen. Die Bemessung des notwendigen Personals, der
Betriebsmittel und der Infrastruktur für einen Betriebstag, die sogenannte Ressourcendimensionierung, ist in der Praxis geprägt durch einen erheblichen manuellen Aufwand sowie eine große Abhängigkeit von der Datenqualität.
Vor diesem Hintergrund und zur Überwindung dieser Nachteile schlägt diese Dissertation ein neues Verfahren zur Ressourcendimensionierung vor. Exemplarisch wird der Fokus auf die großen Knoten des Einzelwagenverkehrs gelegt, die sogenannten Rangierbahnhöfe. In diesen werden Eingangszüge zerlegt, Güterwagen entsprechend ihrer Ausgangsrichtung sortiert und gesammelt, sowie neue Ausgangszüge gebildet und bereitgestellt.
Vorstand und Kuratorium der Stiftung würdigen „die Arbeit von Herrn Ruf als wissenschaftlich höchst anspruchsvoll und von hohem theoretischen und praktischen Interesse“. Besonders beeindruckt zeigten sich die Gremien von „der Kombination verschiedener Optimierungstechniken, die von Operations Research Methoden bis zu KI-Anwendungen reichen“.
Der Preisträger wurde 1979 geboren und studierte Verkehrswesen an der TU Berlin und der TU Dresden, wo er 2021 an der Fakultät Verkehrswissenschaften „Friedrich List“ auch promovierte. In dieser Zeit koordinierte er am Dresdener Center for Rail Logistics die Forschungskooperation zwischen DB Cargo und der TU Dresden. Seit 2019 ist er (Mit-)Gründer und Geschäftsführer der ITORA GmbH in Dresden, die Softwarelösungen für Logistikunternehmen anbietet.