Prof. Dr. Trächtle vom Heinz Nixdorf Institut der Universität Paderborn hat seinen Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben „Intelligente Verkehrsflussregelung für Mixed Autonomy Traffic mittels Infrastruktursensorik, Floating Car Data, Routing und LSA-Steuerung“ vorgelegt. Ziel des Projekts war „die Entwicklung einer Verkehrsflussregelung, welche in der Lage ist, ein vorliegendes Mixed Autonomy Verkehrsaufkommen durch intelligente Nutzung der verfügbaren Datenquellen und Eingriffsmöglichkeiten bestmöglich zu bewältigen.“ Modellregion war die Stadt Paderborn.
Das Projekt soll Grundlage der Promotion von Herrn Chrstopher Link sein, diese ist aber noch nicht abgeschlossen.
Der Abschlussbericht kann hier abgerufen werden. Die Projektbeteiltigten geben in diesem Bericht folgende Zusammenfassung und Ausblick.
„Im Rahmen dieses Projektes wurde eine umfassende Simulationsumgebung zur Untersuchung von Mixed Autonomy Traffic auf Basis der Paderborner Verkehrsregion entwickelt. Dabei wurde sowohl ein Modell des Verkehrsnetzes erstellt als auch ein realistisches Verkehrsaufkommen nachgebildet. Anhand der Rahmenbedingungen des Vorhabens wurden unterschiedliche Sensortypen modelliert und Eingriffsmöglichkeiten für die Regelungssysteme geschaffen. Ein neuartiger Verkehrsbeobachter fusioniert die zur Verfügung stehenden Sensordaten mittels eines wahrscheinlichkeitsbasierten Verfahrens und ermöglicht so die Rekonstruktion des vorliegenden Verkehrszustands in Echtzeit. Eine modellprädiktive Regelung wurde zur Schaltung der Lichtsignalanlagen im System integriert und für den effektiven Einsatz in einem Verkehrsnetz dieser Größe weiterentwickelt. Zur Optimierung der Verkehrsführung wurde ein Routingsystem entwickelt und implementiert, welches kooperierenden Fahrzeugen Routenvorschläge anbietet, wobei sowohl die Interessen der gerouteten Fahrzeuge selbst, also auch die der anderen Verkehrsteilnehmer berücksichtigt werden. Ein drittes Regelungssystem zur dynamischen Geschwindigkeitsvorgabe konnte innerhalb des Projektzeitrahmens nicht mehr in das Gesamtsystem integriert werden. Es wurde jedoch ein zweistufiges Regelungskonzept entwickelt, welches einerseits Synergieeffekte mit den LSA-Regelungen zur Beeinflussung der Ankunftszeiten an LSA ausnutzt und andererseits die Anwendung des Konsensalgorithmus zur Stauwellenvermeidung vorsieht.
Die erreichten Projektergebnisse stellen somit eine solide Grundlage für die weitere Erforschung von Mixed Autonomy Traffic dar und ermöglichen in Zukunft umfangreiche simulationsbasierte Untersuchungen. Während die Integration nahezu aller Systemkomponenten abgeschlossen ist, werden die einzelnen Systemteile aktuell sukzessive einer Parameteroptimierung unterzogen, wodurch die Simulations- bzw. Regelgüte weiter erhöht wird. Solche Vorgänge nehmen viel Zeit in Anspruch, – aktuell erfolgt bspw. die Optimierung der LSA-Parameter im Rahmen einer Masterarbeit – sind aber eine Voraussetzung für aussagekräftige Untersuchungen. Eine belastbare Antwort insbesondere auf die Frage nach dem Einfluss der Durchdingungsgrade von autonomen Fahrzeugen kann daher zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht gegeben werden, wird aber im Rahmen der Promotion von Christopher Link weiterverfolgt. Die bisher erarbeiteten Ergebnisse sowie weitere Untersuchungen, welche aus den Projektergebnissen hervorgehen, werden darüber hinaus veröffentlicht. Hierzu werden momentan Gespräche mit verschiedenen Open Access Journals geführt. Im Rückblick stellte sich besonders die Entwicklung des Verkehrsbeobachters als wesentlich aufwändiger und zeitintensiver als zunächst prognostiziert dar. Existierende Beobachteransätze waren für die gegebenen Rahmenbindungen nicht geeignet, was eine Neuentwicklung von Grund auf erforderte.
Über den Umfang des Projektes hinaus kann das entwickelte System auch für weitere Forschungen eingesetzt werden. So wird aktuell die Simulationsumgebung im Rahmen einer weiteren Masterarbeit zur Entwicklung und Erprobung von zukünftigen, intelligenten ÖPNV-Konzepten genutzt. Auch die Verknüpfung des Systems mit den Fahrsimulatoren des Heinz Nixdorf Instituts wäre möglich. Momentan befindet sich eine 3D-Umgebung des Paderborner Verkehrssystems in der Entwicklung, welche für Simulatorfahrten eingesetzt werden soll. Eine Verknüpfung dieser Komponenten könnte die direkten Auswirkungen von intelligenten Verkehrssystemen auf einzelne Fahrer untersuchen uns damit sowohl Fragen der individuellen Auswirkungen als auch der subjektiven Akzeptanz untersuchen. Auch die Integration von weiteren Teilmodellen in das Framework der Simulationsumgebung wäre eine Option. Ein naheliegender nächster Schritt wäre die Integration von Fußgängern, welche im Rahmen dieses Projektes nicht betrachtet wurden. Die Modellierung von Signalstörungen oder eine sichtfeldbasierte Sensormodellierung ist ebenso möglich wie die Entwicklung und Erprobung weiterer Systeme zur intelligenten Verkehrsregelung oder -erfassung.“